BUND Regionalverband Stuttgart

Wild-Apfel, Holz-Apfel

Malus sylvestris

Familie: Rosengewächse, Rosaceae
Gattung: Malus
Vorkommen: Europa, Türkei, Kaukasus, N-Iran
Wuchshöhe: meist bis 5, maximal bis knapp 10 m


Die Frucht des Apfelbaumes ist das älteste heimische Obst auf deutschem Boden und lässt sich in Europa bis in die Jungsteinzeit, etwa 2500 v. Chr., zurückverfolgen. Wie Funde aus Pfahlbauten in Oberschwaben zeigen, wurde der Apfel schon in vorge-schichtlicher Zeit gesammelt.

Durch Auslese und Züchtung entstanden aus den kleinen Wildäpfeln unsere heutigen großen und wohlschmeckenden Früchte. Die Römer konnten somit den Germanen mit ihren Äpfeln keine Neuheit bringen. Der Holzapfel spielte in der Küche des Mittelalters eine große Rolle als Lieferant einer sauren Essenz, mit der man Salate würzte und Speisen konservierte (Fleisch und Wild in Essig eingelegt/Sauerbraten).
Seltsam, dass man damals, als es noch keine Flaschen gab und sehr viel Wein in Fässern verdarb, überhaupt einen Essigersatz brauchte, aber in Kochbüchern des 16. Jahrhunderts wurde sehr viel mit Holzäpfeln gesäuert. Heute ist der Obstessig, aus ganzen Äpfeln hergestellt, wohl wegen seines guten Geschmackes, wieder im Kommen.

Die Kugelgestalt des Apfels wird u. a. in der christlichen Symbolik auch als Sinnbild der Erde verstanden, seiner schönen Farbe und Süßigkeit entsprechend, als Symbol der Verlockungen dieser Welt. Der Apfel ist daher auch häufig Sinnbild des ersten Sündenfalles. Ein Apfel in der Hand Christi symbolisiert mit Bezug darauf die Erlösung von der durch den Sündenfall entstandenen Erbsünde.

In meiner Familie ist es üblich, dass man den Weihnachtsbaum mit kleinen roten Äpfeln schmückt. Erst in späteren Jahren wurde mir dann bewusst, dass es sich hier um ein Symbol der durch Christus erwirkten Rückkehr der Menschen in das Paradies handelt. Im selben Sinne ist wohl auch der Apfel als Attribut Marias zu verstehen.
Der Reichsapfel, das Sinnbild der Erdkugel, ist ein Symbol der Weltherrschaft. Bei christlichen Herrschern ist der Apfel dann meist noch mit dem Kreuz gekrönt.
Kaiser Karl der Große war ein Förderer des Obstbaues. Er empfahl das seit ältesten Zeiten bekannte und in meinem Elternhaus noch vielfach angewendete Dörren des Obstes. Er empfahl weiter, dass jedes junge Ehepaar sechs Obstbäume pflanzen solle.
Herzog Karl Eugen von Württemberg hat sich ebenfalls mit großer Leidenschaft dem Obstbau angenommen. Seine Wegeordnung von 1772 hat unsere Landschaft einst unverwechselbar geprägt. Darin wird u. a. ausgeführt: "Nachdem wir auch in gnädigste Erwägung gezogen, dass es dem Wohlstand und der Zierde wie zugleich dem Nutzen und der Nahrung unserer lieben und getreuen Untertanen sehr angemessen und förmlich wäre, wenn die durch unsere herzoglichen Lande ziehenden Chausseestraßen zu beiden Seiten mit fruchtbaren Bäumen besetzt werden".
Es wäre erfreulich, wenn diese einst Alt-Württemberg charakteristisch prägende Wegeordnung von 1772 in manchen Gebieten wieder landschaftsgestaltend wirken könnte.

Der Apfel als Hausmittel angewandt bewirkt einen interessanten Gegensatz. Der mit ‚Stumpf und Stiel' gegessene Apfel bewährt sich als verdauungsförderndes Mittel, weil die unverdauliche Zellulose des Kerngehäuses und der Schale die Darmwand ‚reizt' und zu stärkerer Tätigkeit anregt.
Der geschälte und geriebene Apfel dagegen ist ein weit verbreitetes wirksames Mittel gegen Durchfall, besonders bei kleinen Kindern und Säuglingen. Übrigens, nur das Kernhaus entsteht aus dem Fruchtknoten, das eigentliche Fleisch des Apfels ist eine Wucherung des Kelchgrundes. Mit im Frühling geernteter Apfelbaumrinde wurden früher rötlichgelbe Töne beim Färben von Wolle und Stoffen erzielt.

Dr. Hans Halla

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