BUND Regionalverband Stuttgart

Schwarz-Kiefer

Pinus nigra

Familie: Kieferngewächse, Pinaceae
Gattung: Pinus
Vorkommen: Europa: Iberische Halbinsel, Frankreich, Apenninenhalbinsel, Österreich, Balkanhalbinsel, Rumänien;
Krim, Türkei, Zypern, Kaukasus, Marokko, Algerien, eingebürgert: Britische Inseln, Skandinavien, östl. Mitteleuropa
Wuchshöhe: 20 bis um die 50 m


Die Kiefern besitzen ein außergewöhnlich großes natürliches Verbreitungsgebiet, das vom Polarkreis bis zum Äquator reicht. Bei unserer Gemeinen Kiefer sitzen zwei etwas gedrehte Nadeln in einer hautigen Scheide – Kurztrieb. Es gibt aber auch Kiefernarten mit drei oder fünf Nadeln in einem Kurztrieb.

Die Rinde ist im oberen Stammteil, wo sie Spiegelrinde genannt wird, dünn und fuchsrot mit dünnen, abschilfernden Borkenschuppen. Im unteren Stammbereich bildet sich eine tiefrissige Borke mit hellgrauen Korkschichten aus. Diese dicke Borke haben wir früher zum Schnitzen von Schiffchen und anderlei Dingen benützt.

Als einzige nordeuropäische Kieler hat sie die Eiszeiten im Bereich der ungarischen Tiefebene überlebt. Man geht heute davon aus, dass die Kiefer rund ein Jahrtausend brauchte, bis sie etwa das Gebiet von Hamburg erreichte.
In höheren Breiten- und Höhenlagen hat sie ihre Krone verengt und wächst dort schlank pyramidenförmig. Man spricht bei uns in Südwest-Deutschland von einer sogenannten Schwarzwaldhöhenkiefer, die durch die jährlichen großen Schneelasten vom Nutzwert her positiv ausselektiert wurde.

Die phrygische – Volksstamm in der Mitte von Kleinasien – Naturgöttin Kybele, die große Mutter alles irdischen Lebens, verzauberte ihren ungetreuen Geliebten, den jungen Schäfer- und Vegetationsgott Attis, in eine Kiefer. Zeus versprach ihr zum Trost, dass dieser Baum immer grün sein werde.
Über Griechenland erreichte dieser Kult auch Württemberg. Im Stromberg haben wir davon noch ein Zeugnis aus der Zeit Herzog Eberhards III. (1628–1674), dem Stifter der heutigen Hofkammer des Hauses Württemberg.
Es handelt sich um die Steinplastik dieser Naturgöttin Kybele in der Mitte des nach ihr benannten, einst der Eisgewinnung dienenden Kibannele-Sees, Kybele-Sees beim Kirbachhof, Gemeinde Sachsenheim-Ochsenbach.

Die Gewinnung von Harz an lebenden Kiefernstämmen war einst weit verbreitet, während sich heute die Harznutzung mehr auf die südlichen und östlichen Länder beschränkt. Allein in Mitteldeutschland im Bereich der ehemaligen DDR werden immer noch etwa 12.000 to Harz pro Jahr gewonnen mit einem Wert von 5000 US Dollar je Tonne. Dabei erreicht ein Arbeiter eine Ernteleistung von 5–10 Tonnen pro Jahr.

Im näheren Bereich meines einstigen Forstamtes kenne ich nur einen, heute noch stehenden, früher geharzten Kiefernbestand. Es ist dies im Staatswald Zwerenberg, nördlich von Birkmannsweiler bei Winnenden. Aus diesem Bestand hat mir für die Landesgartenschau in Bietigheim-Bissingen in dankenswerter Weise Herr Kollege Heiland vom Staatlichen Forstamt Winnenden ein einstmals geharztes Erdstück zur Verfügung gestellt.
Die zu harzenden Stämme werden etwa 10 Jahre vor der Fällung der Altkiefern fischgräteartig verwundet. Man nennt diese nach unten verlaufenden Reißerwunden »Lachten«, aus denen dann ab Ende April das flüssige Harz austritt und etwas weiter unten in einem am Stamm befestigten Töpfchen aufgefangen wird. Eine derartige Harznutzung kann über einen Zeitraum von 5–10 Jahren ohne größere Schädigung des Baumes ausgeübt werden.

Fast alle Nadelbäume scheiden Harz in Harzgängen aus, die in Rinden und in jungem Holz auftreten. Dieses Harz, Terpentin genannt, findet sich aber vor allem in unserer heimischen Kiefer. Durch Wasserdampfdestillation gewinnt man aus dem Terpentin das Terpentinöl, das heißt, die im Harz enthaltenen ätherischen Öle, eine farblose bis gelbliche, leicht flüchtige Flüssigkeit, die als Grundlage für Kosmetika, Lacke, Firnisse und Anstreichmittel dient. Aber auch bei der Porzellanbemalung, etwa in der 1758 von Herzog Karl-Eugen gegründeten Manufaktur in Ludwigsburg, wird Terpentinöl als Malmittel zum Auftragen der Porzellanfarben verwendet. Dies geschieht mit feinen Pinseln aus Nackenhaaren einer russischen Eichhörnchenart.
Der Destillationsrückstand, die nicht flüchtigen Harzbestandteile, »Kolophonium« genannt, eine elastische Masse von brauner Farbe, wird ebenfalls zur Herstellung von Lacken, Kitt, Siegellack, als Zusatz zu Leimen und Papier, als Geigenharz und für andere technische Zwecke genutzt.

Fossile Harze sind Bernstein und einige Asphaltarten. Bernstein, aus der Tertiärzeit stammend, häufig mit pflanzlichen und tierischen Einschlüssen, wird vor allem an der samländischen Küste der Ostsee immer wieder freigespült.
Vereinzelt kann man Kiefern in jüngerem und mittlerem Alter finden, bei denen fast am gesamten Stamm Harz ausfließt in dicht übereinanderfolgenden querliegenden Bändern. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass diese Querbänder aus einzelnen, eng nebeneinanderliegenden, in die Rinde und zum Teil bis ins Holz reichenden, kleinen Löchern bestehen, aus denen das Harz austritt.
Diese Querringel, zurückgehend auf kräftige Schnabeleinhiebe, machen die Spechte und vor allem der große Buntspecht. Da dies im zeitigen Frühjahr geschieht, nimmt man an, dass die Spechte sich auf diese Weise einen kleinen »Biergarten« anlegen, wo sie den austretenden Baumsaft trinken und gleichzeitig die durch den Saft angelockten oder bei der klebrigen Kiefer gar hängengebliebenen Insekten in ihre Speisekarte aufnehmen können. Dies erscheint logisch, da in dieser Jahreszeit an derartigen frischen Saftstellen häufig größere lnsektenansammlungen beobachtet werden können und weil außerdem die Beweglichkeit der Fliegen in den kühlen Morgenstunden eingeschränkt ist.

Eine erste literarische Angabe über Spechtringel findet man bei G. König, 1849, in seinem Buch »Waldpflege«. Ich habe derartige Spechtringel beobachtet, vor allem an Linde, dann aber auch an Aspe und der amerikanischen Roteiche. Besonders stark bearbeitete Bäume habe ich unter den Kiefern gefunden. Es handelt sich aber hier jeweils nur um Einzelexemplare, die anscheinend alle Jahre wieder aufgesucht werden.
Für die Landesgartenschau in Bietigheim-Bissingen hat mir in dankenswerter Weise mein Corpsbruder Sepp Erbacher vom staatlichen Forstamt Weil im Schönbuch, ein besonders schönes Exemplar einer Kiefer mit Spechtringel zur Verfügung gestellt.

Auch im hiesigen Staatswald Forst, zwischen der Ingersheimer Straße und der Krautschüssel, steht westlich der Ewigkeitsallee, die vom Lusthaus über die Krautschüssel auf das Ludwigsburger Schloss zuführt, eine Kiefer mit eindrucksvollen Spechtringeln.

Dr. Hans Halla

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