BUND Regionalverband Stuttgart

Einblatt-Esche

Fraxinus excelsior f. diversifolia

Familie: Ölbaumgewächse, Oleaceae
Gattung: Fraxinus
Vorkommen: Gartenherkunft
Wuchshöhe: ca. 20 m


Im Stromberg kann man bei aufmerksamer Beobachtung einige ganz wenige Bäume mit einer kirschähnlichen Belaubung finden. Bei näherer Betrachtung erkennt man, dass sowohl Rinde als auch Knospen der unserer Esche entsprechen. Es handelt sich um die sogenannte »Einblattesche«, einer Mutationsstufe unserer gewöhnlichen Esche.

Nach Schaaf liegt hier ein interessanter stammesgeschichtlicher Rückschlag – Atavismus – vor. Es ist anzunehmen, dass die Eschen in früheren Erdperioden einblättrig waren und sich erst allmählich zur gefiederten Form entwickelt haben. Dies kann aus der Keimlingsentwicklung geschlossen werden. Der Eschensamen treibt beim Keimen zunächst die zwei länglichen Keimblätter. Als zweites Blatt erscheint ein Blatt, das demjenigen unserer Einblattesche entspricht. Das drittälteste Blattpaar ist dreizählig und erst dann folgen gefiederte Blätter mit steigender Blättchenzahl.
Die einblättrige Esche bleibt also demnach auf der Entwicklungsstufe des zweiten und manchmal auch des dritten Blattpaares stehen.

Im Schlosspark von Monrepos bei Ludwigsburg ist mir auf dem Vestinplatz ein Baum bekannt, bei dem eine Knospe, bzw. heute der Ast, einer einblättrigen Esche die normale Entwicklung zur Fiederblättrigkeit weitergemacht hat und jährlich, im Gegensatz zum übrigen Stamm, normale Fiederblätter entwickelt.

Ähnlich wie der Keimling in großen Zügen die Stammesgeschichte wiederholt, läuft die Jugendentwicklung im Tierreich ab. Als Beispiel darf die Entwicklung des Frosches aus der Kaulquappe erwähnt werden.
Das so seltene Vorkommen der Einblattesche dürfte mit ihrem langsameren Wachstum zusammenhängen, denn nur so konnte die jüngere, wüchsigere Form, die fiederblättrige, die alte Einblattform fast zum Verschwinden bringen, wobei der Forstmann unbewusst kräftig mitgeholfen hat. Bei den Pflegehieben werden die geringwüchsigen Bäume ausgehauen. Da diese Arbeiten primär im Winter, also im laublosen Zustand erfolgen, werden die einblättrigen Individuen als solche nicht erkannt.

Das Holz der ursprünglichen Esche, der Einblattesche, welches mir 1971 Herr Professor Dr. W. Knigge vom Institut für Forst-Benutzung der Universität Göttingen in dankenswerter Weise untersucht hat, zeigt gegenüber der heutigen fiederblättrigen Esche keine Merkmale eines anderen, das heißt eines früheren, Aufbaus.
Blätter allerdings ändern sich – mutieren – leichter als das Holz. Eine Aussaat von einer Einblattesche aus dem Stromberg, die Dank der Hilfe von Revierleiter Günter Hofmann 1980 in der Hofkammerpflanzschule Pfahlhof gemacht werden konnte, brachte ca. 50% fiederblättrige Eschenpflanzen, der Rest streute, das heißt mendelte auf zwischen rein einblättrigen Individuen und solchen mit einem oder zwei Fiederpaaren, davon oft auch nur einzelne Blättchen.
Dabei ist zu bemerken, dass der einblättrige Mutterbaum im Verband mit den heutigen fiederblättrigen Individuen steht und somit von dort her auch befruchtet wurde.

Dr. Hans Halla

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